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Wie kommt der Brand Purpose ins Content Marketing?.

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Dieser Beitrag geht der Frage nach, wo Unternehmen strategisch ansetzen können, um ihren Content mit gesellschaftlicher Relevanz aufzuladen. Oder sollte man das lieber sein lassen?

 

Marken werden in die Rolle von politischen Akteuren gedrängt

Drei Viertel der deutschen Konsumenten erwarten von Marken eine aktive Beteiligung an der Lösung von sozialen und ökologischen Problemen. Das stellt die aktuelle Meaningful-Brands-Studie der Havas Media Group fest. Kaufentscheidungen werden damit zu einem politischen Akt. Wer Erfolg haben will, so scheint es, muss seine Marke sozial oder ökologisch aufladen. Auf die materialistische Sinnstiftung durch Konsum folgt also nicht etwa die emanzipatorische Überwindung von Konsumzwängen, sondern eine postmaterialistische Selbstverwirklichung durch den (vermeintlich) guten Konsum.

Nicht wenige Anbieter erliegen der Versuchung, ihr Image durch Content und Kampagnen mit mehr oder weniger glaubhaften Öko-Aussagen kurzfristig in den Trend zu bringen. Mit etwas Glück kann das funktionieren. Fehlt das Glück jedoch, wird es schnell als Green- oder Woke Washing wahrgenommen. Im schlimmsten Falle kann man sich eine teuer aufgebaute Marke durch diesen Aktionismus kaputtmachen.

Obgleich große grundsätzliche Übereinstimmung der Markt- und Medienforschung in der Analyse der Situation herrscht, entsteht durch die unterschiedliche Verwendung von Begriffen schnell Unsicherheit. Wer angesichts der beschriebenen Entwicklung also an eine Neuformulierung seines Angebots am Markt denkt, tut gut daran, sich zunächst einmal um ein konsistentes Modell für die Zusammenhänge und Begrifflichkeiten zu kümmern. Im Folgenden will ich ein solches Modell formulieren. Anschließend sollen die Hebel für mehr Purpose oder Meaning gezeigt werden.

 

Vision, Mission und Purpose

Havas Media spricht von Sinn (Meaning) und will belegen, dass 60 Prozent des von Marken produzierten Contents unwirksam, weil bedeutungslos, sei. Accenture Strategy hingegen spricht vom Brand Purpose (Zweck) und betont die zunehmende Relevanz dieses Faktors auf den wirtschaftlichen Erfolg einer Unternehmung (so z.B. in dem lesenswerten Paper „To Affinity and Beyond“). Eine Vielzahl an Publikationen in Fachblogs und -magazinen haben diese Erkenntnisse adaptiert und argumentieren für sich genommen oft stimmig. Dennoch entsteht in der Zusammenschau dieser Beiträge ein eher verwirrendes Bild. Ursache ist vor allem die unterschiedliche Nutzung der Begriffe Sinn, Haltung, Meaning und Purpose.

 

Zusammehang Pupose Meaning und Marke

Abb. 1, Purpose-Meaning-Modell

 

Purpose ist der Unternehmenszweck, der sich aus der Vision und der Mission einer Unternehmung zusammensetzt (siehe Abb. 1). Dabei beschreibt die Vision das ehrgeizige Fernziel, die Mission hingegen die Rolle des Unternehmens bei dieser Zielerreichung – gewissermaßen also den Existenzgrund der Organisation (für eine detaillierte Darstellung empfehle ich von Jochen Becker: Marketing-Konzeption, München 2018).

Für einen imaginären Hersteller von Elektro-Scootern könnte das dann wie folgt lauten:
Vision: Städte sollen frei von Lärm und Abgasen sein
Mission: Wir wollen ökologisch optimierten Individualverkehr auf der Kurzstrecke ermöglichen

Falls die Formulierung der Unternehmensmission etwas länger ausfällt, tut man gut daran, sie zusätzlich auf ein eingängiges Statement zu komprimieren. Dieses Mission Statement kann insbesondere in Change-Phasen des Unternehmens Orientierung geben – vor allem nach innen.

Auf Vision und Mission baut im nächsten Schritt die Unternehmensmarke auf. Um diese nachzuschärfen nutzen wir bei Kresse & Discher gerne das Markensteuerrad von Esch als operatives Tool (siehe Abb. 2). Das konsequente begriffliche Aufsetzen der Marke auf den Unternehmenszweck ist von zentraler Bedeutung, wenn man später eben diesen Zweck, neudeutsch Purpose, bei der Vermarktung der eigenen Produkte durchspüren lassen möchte. Ist der Unternehmenszweck nicht bereits in der Unternehmensmarke verankert, kommt es mit ziemlicher Sicherheit zu Irritationen, wenn später auf Produktebene Content produziert wird, der besonders „purpose-driven“ wirken soll (vgl. „Wann Pupose Driven Marketing zur Differenzierung taugt“).

 

Markensteuerrad nach Esch

Abb. 2, Markensteuerrad nach Esch

 

Die Produktmarke sollte nämlich immer auch die wesentlichen Aussagen der Unternehmensmarke berücksichtigen. Auf diese Weise vererbt sich der Unternehmenszweck in die Marke des Produktes und somit auch in die Produktkommunikation. Wer seine Marken immer schon stringent nach dieser Logik aufgebaut hat, weiß, dass sich die Produktmarke nicht zu weit von den Aussagen der Unternehmensmarke entfernen darf. Dort ist dann zuvor bereits der Unternehmenszweck – aka Purpose – eingeflossen.

„Wenn eine Marke konsequent durchdekliniert wurde, besitzt sie einen Purpose, der auf Vision und Mission der Unternehmung zurück geht. Einen Purpose außerhalb dieses Zusammenhangs sollte es nicht geben.“

Insofern besitzt jede Marke, wenn sie konsequent durchdekliniert wurde, einen Purpose, der auf Vision und Mission der Unternehmung zurückgeht Man spricht hier auch von Brand Purpose (vgl. Interbrand). Einen Purpose außerhalb dieses Zusammenhangs sollte es gar nicht geben. Denn jede noch so visionäre oder eine Mission beschreibende Aussage durch eine Produktmarke wird zumindest unglaubwürdig, wenn sie nicht zu den Aussagen und dem Verhalten des Unternehmens passt. Aussagen des Unternehmens wiederum, die sich nicht im Verhalten widerspiegeln, sollen tunlichst korrigiert werden. Oder das Verhalten muss sich anpassen.

 

Brand Purpose und Meaningful Brands

Problematisch erscheint die Übersetzung von Purpose mit Sinn. Denn Sinn heißt im Englischen Meaning – ein Begriff, der im hier verfolgten Zusammenhang ebenfalls oft auftaucht. Hier gilt es jedoch zu differenzieren. Den Begriff Meaningful Brands hat die Media-Agenturgruppe Havas für eine hauseigene Studienreihe geclaimt. Sie bietet daneben weitere sinnvolle Tools an, wie Meaningful Digital Matrix oder Meaningful Rating Point. Den Sinnbegriff (Meaning) definiert Havas dabei aus der Konsumentensicht. Diese Perspektive erscheint auch sinnvoll. Die Agentur betreibt Marktforschung und sucht Kriterien dafür, welche Markenaussagen und welche Haltung aus Sicht der Kunden sinnvoll erscheinen. Mit Blick auf das Markensteuerrad geht es hier um das Kreissegment Markennutzen und dabei insbesondere um den emotionalen Nutzen einer Marke für den Kunden. Damit ist die Befriedigung jenes Bedarfes gemeint, der über die rein funktionale Ebene hinausgeht. Zum Beispiel: Ein BMW-Pkw befördert mich von A nach B. Das ist sein funktionaler Nutzen. Er bewirkt aber, dass ich mich dabei dynamisch und wohlhabend fühle. Das ist der emotionale Nutzen. Der emotionale Nutzen einer Marke ist aber nicht Teil des Unternehmenszwecks, wenngleich er dazu passen muss. Er ist Teil der Produkt-Marke und setzt damit aus Sicht des Markenarchitekten sehr viel später ein – oder, aus Sicht des Kunden: sehr viel früher.

1. Passt mein Content zur Marke (Meaning)?

2. Passt meine Marke zum Unternehmenszweck (Purpose)?

Zwischenbilanz

Bleibt Folgendes festzuhalten: Wer seinen Content mit gesellschafts- oder umweltpolitischer Relevanz aufladen möchte, sollte zunächst überprüfen, ob entsprechende Aussagen zu seiner Produktmarke passen. Ist dies nicht der Fall, gibt es nur zwei Wege: entweder auf entsprechende Aussagen verzichten oder die Produktmarke in ihrem Sinngehalt (Meaning) ändern oder ergänzen.
Soll die Produktmarke geändert werden, muss zunächst überprüft werden, welchen Spielraum die Unternehmensmarke zulässt. Lässt sie keinen ausreichenden Spielraum zu, muss man entweder auf entsprechende Aussagen verzichten oder die Unternehmensmarke anpassen.
Soll die Unternehmensmarke angepasst werden, muss zunächst überprüft werden ob der bestehende Unternehmenszweck (Purpose) diese Anpassung zulässt. Im Zweifelsfall muss auch dieser angepasst werden.

Dieses Vorgehen gilt im Übrigen nicht nur für Aussagen mit gesellschafts- oder umweltpolitischer Relevanz, sondern generell. Allerdings reagiert das Publikum auf Unstimmigkeiten im ersteren Fall besonders empfindlich.

 

Marke, Core Story und Themenplanung

Purpose vererbt sich vom Unternehmenszweck über die Unternehmensmarke bis in die Produktmarke. Doch wie bekomme ich ihn in den Content jedes einzelnen Beitrags im Rahmen meines Content Marketings?

 

Die Core Story im Content Marketing

Abb. 3, Die Core Story im Content Marketing

 

Hierfür bedienen wir uns des Core-Story-Konzeptes, das ich hier genauer ausgearbeitet habe. Die Core Story ist das zentrale Narrativ des Content Marketings für eine Unternehmens- oder Produktmarke. Für ihre Entwicklung orientieren wir uns am SCOM-Framework von Mirko Lange, das wir aber um das zentrale Kriterium der Marke ergänzen (siehe Abb. 3). Das Erstellen der Core Story ist ein kreativer Prozess, in den die Kommunikationsziele, der Kundenbedarf und die Marke einfließen müssen – sie bilden die künftige DNA des Contents. Diese DNA gibt die Core Story dann bei der Themenplanung an die einzelnen Beiträge weiter. Bei komplexeren Projekten geschieht das in einer regelrechten Themenkaskade.

 

Themenkaskade des Content Marketings

Abb. 4, Themenkaskade

 

Das geschieht wie folgt: Die Core Story besteht aus mehreren Themenfeldern, die dann die Grundlage der regelmäßigen Themenplanung bilden. Dabei werden die in den Themenfeldern komprimierten Inhalte über die Themen-Kaskade (Abb. 4) immer feingranularer bis auf die Ebene des Beitrags planerisch heruntergebrochen.

 

Fazit

Der Begriff Purpose bezeichnet den Unternehmenszweck auf der höchsten strategischen Ebene. Von hier vererbt er sich über die Marke bis in die Core Story des Content Marketing und von hier weiter über die Themenplanung bis in den einzelnen Beitrag und in Kampagnen. Dies ist kein mechanisch ablaufender Prozess. Stattdessen entsteht an jeder Schnittstelle eine kreative und intellektuelle Aufgabe. Bei jedem Schritt ist zu bewerten, ob die Marke eventuell überdehnt wird, wenn man versucht, sie mit neuen Inhalten aufzuladen. In diesem Falle muss darauf verzichtet oder der Hebel gegebenenfalls auf der höchsten strategischen Ebene – dem Unternehmenszweck – angesetzt werden.
Es führt meiner Meinung nach in die Irre, Purpose mit Sinn zu übersetzen. Denn der Begriff Meaning (Sinn) wird häufig genutzt, um den psychosozialen Nutzen einer Marke aus der Sicht des Kunden zu bezeichnen. Diese beiden Bedeutungsebenen sollte man in der Analyse getrennt betrachten.

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